Verbindungsleben

Der erste BC Rudolfinas fand am 1. August 1898 statt; dabei wurde der Chargenconvent (CC) für das folgende WS 1898/99 gewählt - und zwar Rudolf Gschladt zum Senior, Josef Prinz zum Consenior, Karl Raimund Müller zum Schriftführer und Robert Jiresch zum Fuchsmajor. Die Angelegenheiten des Kassiers nahm der Consenior wahr; erst ab 1901 wurde ein eigener Kassier gewählt. Der erste BC des folgenden Wintersemesters fand am 4.10.1898 statt, bei dem einige AH.AH und Burschen der Austria zu Ehrenphilistern bzw zu Ehrenburschen ernannt wurden (ua Kemetter).

Die neue Verbindung war rasch an einer eigenen Bude interessiert und so bezog man zu Beginn des Wintersemesters 1898/99 bereits eine solche am Franzensring 18 (heute Dr. Karl-Lueger-Ring). Die Adresse klingt zwar nobel, tatsächlich handelte es sich aber um ein kaum beheizbares Souterrainlokal, in das das Tageslicht nur durch Lichtschächte eindrang. Doch schon im Sommer 1900 fehlte das Geld für die Zahlung des Zinses und so übersiedelte die Korporation zunächst in das Hinterzimmer eines Gasthauses in der Schenkenstraße 2 und noch im selben Jahr bezog Rudolfina eine neue Bude in der Florianigasse 12; sie bestand aus zwei ebenerdig gelegenen Zimmern. Doch auch dort blieb Rudolfina nicht lange. Bereits 1903 übersiedelte man in die Türkenstraße und 1905 in die Rathausstraße 20, wobei diese Bude bereits aus drei Zimmern bestand. Die häufigen Übersiedlungen fanden 1910 ein vorläufiges Ende, als eine aus vier Räumen und einem Vorzimmer bestehende Bude im Mölkerhof (Lederergasse 23) bezogen wurde; diese Bude blieb die Heimstatt der Verbindung bis zur erzwungenen Auflösung 1938.

Die Bude in der Lederergasse wurde nunmehr auch um 11.000 Kronen (das entspricht einer Kaufkraft von rund 45.000 Euro im Jahr 2010) stilgerecht eingerichtet, allerdings hatte sich die Aktivitas finanziell damit übernommen und kam bald mit den vereinbarten Ratenzahlungen an den Tischler, der die Einrichtung angefertigt hatte, in Verzug. Im Jahr 1913 sprang der Altherrenverband ein und tilgte die Schuld. Doch die Altherrenschaft wollte eine derartige Situation kein zweites Mal erleben; größere Anschaffungen durften fortan nur mehr nach Genehmigung des Wirtschaftsconvents getätigt werden, in dem auch Vertreter der Altherrenschaft saßen.

Doch zurück zum Beginn des 20. Jahrhunderts: Am 4.5.1899 veranstaltete Rudolfina das erste Maifest, das gewissermaßen als Vorläufer der Redoute gelten kann. Dieses erste Maifest fand im Gasthof "Zum Wilden Mann" in Währing statt, musste aber in den Folgejahren aufgrund des großen Andrangs in das wesentlich größere Hotel "Hietzinger Hof" verlegt werden. Die Maifeste beinhalteten zwar auch Tanzveranstaltungen, gingen aber weit über einen Ball hinaus und umfassten auch ein Konzert, Gesellschaftsspiele und sogar einen Kommers; das alles wurde in einem Zeitraum von 12 Stunden (17 Uhr bis 5 Uhr früh) untergebracht. Die Maifeste haben die Verbindung binnen kurzer Zeit in weiten Kreisen bekannt gemacht. Neben diesen Maifesten veranstaltete Rudolfina nach der Jahrhundertwende auch Faschingsfeste; aus diesen Festen entwickelte sich - allerdings erst nach dem Ersten Weltkrieg - die Rudolfina-Redoute. Maifeste gab es nach dem ersten Weltkrieg allerdings nicht mehr. Im Jahre 1911 gründete Rudolfina aus dem Kreis ihrer Mitglieder sogar eine eigene Musikkapelle.

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Wappen und Fahne

EB Johann Kirchberger, Schlosskaplan in Schönbrunn, gestaltete das Wappen der Verbindung, das im aufgelegten Herzschild die Farben der Verbindung und den Zirkel zeigt und in den vier Feldern die vier Prinzipen der Verbindung - patria, religio, scientia und amicitia - darstellt. Das Wappen wurde am BC vom 29.1.1901 vorgestellt.

Im Herbst desselben Jahres erhielt Rudolfina die Fahne. Eine solche anzuschaffen, war schon länger der Wunsch gewesen, jedoch füllte sich der bereits 1899 eingerichtete Fahnenfonds nur langsam. In Ferdinand Freiherr von Billot fand sich jedoch ein Mäzen, der nicht nur die Kosten der Fahne, sondern auch die der Feierlichkeiten der Weihe übernahm und so wurde die Fahne von den Schwestern des Klosters vom armen Kinde Jesu (Wien-Döbling) angefertigt. Fahnenpatin war Erzherzogin Marie Valerie, jüngste Tochter Kaiser Franz Josephs.

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Beitritt zum Cartellverband

Im Sommer 1856 schrieb Winfridia Breslau an Aenania München einen Brief, in dem die Aufnahme freundschaftlicher Beziehungen vorgeschlagen wurde. Das Antwortschreiben der Aenania vom 6.12.1856 gilt gemeinhin als Gründung des CV. Austria Innsbruck und Norica wurden im Jahr ihrer Gründung (1864 bzw 1883) in diesen aufgenommen.

Austria Wien hatte schon am 2. Katholikentag 1889 versucht, einen Österreichischen Cartellverband zu begründen - allein Austria Innsbruck und Norica wollten den Verband nicht wechseln. Carolina Graz trat schließlich ebenfalls dem CV bei, sodass Austria Wien nur mit Ferdinandea Prag den "Ersten ÖCV" gründete, dem im Folgejahr Unitas Czernowitz beitrat. Ein starker Verfechter eines eigenen ÖCV war übrigens der schon erwähnte Kemetter. Als Ferdinandea 1895 in den CV übertrat und Unitas sistierte, zerfiel der erste ÖCV noch vor Rudolfinas Gründung.

Doch Austria Wien hatte den Gedanken eines ÖCV nicht aufgegeben; bereits 1898 gab es Bestrebungen, gemeinsam mit der 1893 gegründeten Tirolia Innsbruck und Rudolfina neuerlich einen ÖCV zu gründen. Dies wurde 1899 auch in die Tat umgesetzt, was natürlich zu Spannungen mit Norica führte. Diesem "Zweiten ÖCV" traten 1900 die beiden Tochterverbindungen von Austria Wien - Nordgau und Kürnberg - bei, 1901 auch Leopoldina (eine Tochterverbindung Tirolias). Rudolfina stellte 1903/04 den Vorortspräsidenten dieses ÖCV. Der "Zweite ÖCV" endete, als die ÖCV-Verbindungen 1906 geschlossen dem CV beitraten.

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Gründung des Altherrenverbandes

Der AHV wurde auf dem BC vom 29.5.1905 gegründet; erster Philistersenior (damals noch als "Obmann des AHV" bezeichnet) war Gründungsbursch Karl Raimund Müller. Die Wahl des Vorstandes durch Briefwahl ist eine Besonderheit des AHV Rudolfina von Anfang an; da ursprünglich viele Mitglieder aus Salzburg, Tirol und der Bukowina stammten, und daher bei Versammlungen nicht anwesend sein konnten; auch wichtige Beschlüsse des AHV unterlagen zu dieser Zeit einer Abstimmung per Brief. Damals war eine regelmäßige finanzielle Unterstützung der Verbindung durch den AHV nicht üblich (bedingt durch das Alter des AHV war er aber auch wesentlich kleiner als heute). So wurde es als Besonderheit vermerkt, dass er im Ersten Weltkrieg, als die Aktiven zur Armee eingerückt waren, für die laufenden Kosten aufkam.

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Gründung der Rugia

Am BC vom 20.6.1908 wurde die Gründung einer Tochterverbindung beschlossen, die rechtlich als Abspaltung von Rudolfina konstruiert wurde, weil die neue Verbindung dann automatisch Mitglied im CV war. Die neue Verbindung sollte ihr Keilpotential vor allem an der tierärztlichen Hochschule haben. Als Name wurde Rugia, als Farben gold-weiß-blau gewählt. Gründungsburschen waren Franz Brandstetter (Gründungssenior), Franz Lichal, Rudolf Petioky, Adolf Pitsch und Hermann Schöpf.

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Rudolfina während des Ersten Weltkriegs

Die Schüsse von Sarajewo und die unglückliche Reaktion der Staatskanzleien darauf (im Verbund mit einem komplizierten System von bilateralen Beistandsverträgen) führten in die Katastrophe des Ersten Weltkriegs. Im November 1915 wurde der letzte Senior eingezogen und, da die Aktivitas nahezu geschlossen im Felde stand, hörte sich das Verbindungsleben auf. Ein aus Alten Herren gebildeter Kriegsausschuss, an dessen Spitze Hans Gschladt stand, übernahm die Führung der Verbindungsgeschäfte; das Verbindungsleben beschränkte sich auf Theologenkneipen (Theologe war damals gleichbedeutend mit Priester oder Priesterseminarist) und Altherrenabende auf der Bude (anfangs jeden Mittwoch, später jeden Donnerstag). Zu diesen Altherrenabenden waren auch die Gattinnen eingeladen und es wurden Kartengrüße an die im Feld stehenden Rudolfinen verschickt; kam ein Aktiver auf Fronturlaub nach Wien, besuchte er den Altherrenabend.

Im Krieg fielen acht Rudolfinen. Zu ihrem Gedenken wurde im Jahr 1932 im BC-Zimmer eine Gedenktafel ("Rudolfinas Tote 1914-1918") angebracht, die allerdings 1938 zerstört wurde. 

Zum 20. Stiftungsfest kam wenige Monate vor Kriegsende eine kleine Runde in Neustift am Walde zusammen.

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